18 Serien-Highlights im Jahr 2022 und 3 Enttäuschungen
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Diese Serien sind uns im vergangenen Jahr in sehr guter oder ziemlich schlechter Erinnerung geblieben.
Der ständige Nachschub an Serien ist 2022 nicht abgebrochen. Vor allem Netflix liefert wöchentlich eine Serien nach der anderen, deutlich mehr als andere Streaming-Anbieter im Vergleich. Allerdings ist bei so viel Output auch ziemlich viel Ramsch dabei – aber eben auch immer wieder großartige Highlights. Amazon Prime Video, Disney+, AppleTV+ und Sky (aka WOW) haben sich redlich bemüht, mit dem Streaming-Giganten Netflix mitzuhalten – und auch einige Top-Serien abgeliefert. Mit Paramount+ und Canal+ (nur in Österreich) sind wieder zwei neue Streamingdienste dazugekommen.
Zum Jahresende ziehen wir Bilanz: Statt einer reinen Top-20-Bestenliste haben wir uns diesmal entschieden auch die 3 Flops des Jahres aus unserer Sicht in den Jahresrückblick aufzunehmen.
TOP: Die 18 besten Serien des Jahres 2022:
18. The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window (Staffel 1) – Netflix
Jede Episode dieser Crime-Thriller-Serie dauert nur knapp 30 Minuten. Aber das ist nicht die einzige erfrischende Besonderheit. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine typische Krimi-Serie, die an Hitchcocks "Das Fenster zum Hof" (1954) oder noch mehr an den Film "The Woman in the Window" (2021) erinnert: Seit dem gewaltsamen Tod ihrer Tochter lebt Anna Whitaker (Kristen Bell) allein in ihrem Haus. Ihre Ehe ist zerbrochen, sie trinkt viel zu viel Alkohol und nimmt dazu auch noch Medikamente ein. Als im Haus gegenüber der attraktive Witwer Neil (Tom Riley) mit seiner kleinen Tochter Emma einzieht, weckt er ihr Interesse. Sie versucht sich mit ihm anzufreunden. Doch dann glaubt sie, Zeugin eines Mordes in Neils Haus geworden zu sein. Da der verwirrten Frau niemand glaubt, forscht sie selbst nach.
Was nun folgt, ist ein hemmungsloser Zickzack-Kurs? Kaum meint Anna und das Publikum etwas zu wissen, biegt die Handlung in die andere Richtung ab. Plausibilität spielt dabei keine Rolle. Wie in einer Seifenoper folgt eine haarsträubende Wendung auf die andere. Sobald dieser Mix aus Soap & Crime einmal verdaut ist, entwickelt die Serien aber einen unerwartet schwarzhumorigen Unterhaltungswert.
17. Single Drunk Female (Staffel 1) – Disney+
"Single Drunk Female" ist aus unserer Sicht der überraschende Serien-Geheimtipp auf Disney+ in diesem Jahr. Die Serie beeindruckt mit der liebeswerten und humorvollen Art und Weise wie die Geschichte der 28-jährigen Alkoholikerin Samantha Fink (Sofia Black-D’Elia) erzählt wird. Nach einer Bewährungsstrafe muss sie nicht nur zu ihrer Mutter ziehen, sondern an einem knallharten Entzugsprogramm teilnehmen. Auf ihrem Weg aus der Alkoholsucht muss Samantha erst wieder lernen wie soziales Leben – Feiern, Tanzen, Dates – ohne Hochprozentiges funktioniert. Das hätte ein schwermütiges Drama werden können. Es ist aber eine amüsante Komödie geworden, die manchmal an die Amazon-Serie "Fleabag" erinnert. Nicht ganz so subversiv, aber durchaus schwarzhumorig und höchst unterhaltsam. Eine zweite Staffel ist bereits in Planung.
16. Slow Horses (Staffel 1 & 2) – AppleTV+
Die britische Agentenserie überzeugt, weil es sich dabei nicht um eine Parodie im Stil von "Johnny English" handelt, sondern um einen gelungenen Mix aus echtem Spionage-Thriller und schwarzhumoriger Workplace-Komödie mit spannender Action wie auch bissigem Humor. Im Mittelpunkt der Serie auf Basis der gleichnamigen Romane von Mick Herron steht eine Sonderabteilung des britischen Geheimdienstes MI5. Dort tummelt sich aber nicht die Elite der Doppelnull-Agenten vom Format eines James Bond. Im Gegenteil: Wer ins "Slough House" unter der Leitung des Zynikers Jack Lamb (Gary Oldman) versetzt wird, kann seine Hoffnungen auf eine steile Karriere begraben. Genau damit will sich aber River Cartwright (Jack Lowden), Enkel eines legendären Geheimagenten, nicht abfinden. Er nutzt die erstbeste Gelegenheit, um seine Reputation wiederherstellen. Dabei bläst ihm aber heftiger Gegenwind aus der Chefetage entgegen, denn Diana Taverner (Kristin Scott Thomas) ist das "Slough House" schon lange ein Dorn im Auge. Noch vor Jahresende lieferte AppleTV+ schon die zweite Staffel, die das gute Niveau hält.
15. Star Trek: Strange New Worlds (Staffel 1) – Paramount+
"Star Trek" ist mit einer brauchbaren Serie wieder im Rennen. Nachdem mit "Discovery" und "Picard" schon zwei Versuche kläglich gescheitert sind, überzeugende Serien mit staffelübergreifender Handlung abzuliefern, setzt der neue Streamingdienst Paramount+ mit "Strange New Worlds" wieder auf altbewährte Rezepte: abgeschlossene Episoden, die durch Charakterentwicklung und lose Handlungsstränge verbunden sind. Das stellt sich (bisher) als eine gute Idee heraus, die funktioniert: Die Handlung schließt direkt an die zweite Staffel von "Star Trek: Discovery" an – und dementsprechend gibt es ein Wiedersehen mit Anson Mount als Captain Christoper Pike, Ethan Peck als Mr. Spock und Rebecca Romijn als Nummer Eins. Vor allem Mount, der als Pike schon das einzige Highlight in "Discovery" war, schafft die Gratwanderung zwischen nostalgischem Charme und zeitloser Modernität meisterhaft. Neuen Missionen in die unendlichen Weiten des Weltraums, um dort neue Welten und neue Zivilisationen zu entdecken, steht somit nichts mehr im Wege.
14. Manifest (Staffel 4A) – Netflix
In der Mystery-Serie geht es um das mysteriöse Verschwinden eines Flugzeuges. Als Flug 828 von Jamaika nach New York nach fünf Jahren landet, sind für die Passagier nur wenige Stunden Flugzeit vergangen. Für die Welt waren es jedoch fünf Jahre. Eine Gruppe rund um die Geschwister Michaela (Melissa Roxburgh) und Ben Stone (Josh Dallas), beide Passagiere von Flug 828, wollen aufklären, was passiert ist.
Nachdem die Mystery-Serie bereits seit 2018 – offenbar mit mäßigem Erfolg – beim US-Sender NBC lief, sollte sie nach der dritten Staffel eingestellt werden. Doch dann kam die Serie zu Netflix und wurde dort zu einem überraschenden Serien-Hit. Auch hierzulande entwickelte sich 2022 ein wahrer Hype rund um die Serie. Ab November war dann die von Netflix produzierte vierte Staffel zu sehen, allerdings nur die erste Hälfte. Die zehn finalen Episoden werden Anfang 2023 erwartet. Dann wird wohl das Geheimnis rund um das mysteriöse Verschwinden und Wiederauftauchen des Fluges 828 endgültig aufgeklärt werden.
13. The Bear: King of the Kitchen (Staffel 1) – Disney+
In der überraschend amüsanten Komödie geht es um ein Familienrestaurant in Chicago. Nach dem Selbstmord des Besitzers Michael (in Rückblicken von Jon Bernthal gespielt) übernimmt sein Bruder Carmy (Jeremy Allen White, bekannt aus "Shameless") das italienische Beef-Sandwich-Lokal. Das führt allerdings zu veritablen Konflikten zwischen Carmy und Richie (Ebon Moss-Bachrach), der bisher das Lokal geführt hat. Der preisgekrönte Spitzenkoch Carmy will alles umkrempeln, während Richie auf altbewährte Rezepte setzt. Das führt zu einer aufgeladenen Atmosphäre, die sich durch die großartige Besetzung und stimmige Dialoge dem Zuschauer förmlich aufdrängt. Es ist beinahe stressig, die Serie zu schauen – aber eben auch lustig. Nicht zuletzt dank der 30-minütigen Episoden kann man gar nicht anders als mitfiebern. Nach einiger Zeit löst sich die Spannung dann ein wenig. Die achtteilige Serie wurde bereits um eine zweite Staffel verlängert.
12. 1899 (Staffel 1) – Netflix
Auf der Reise nach Amerika trifft ein Dampfschiff voller Auswanderer aus Europa auf ein anderes Schiff, das scheinbar herrenlos im Meer treibt. Was ist mit dem Schiff passiert? Schleichend verwandelt sich für die Passagiere die Reise ins Land des amerikanischen Traumes zu einem schrecklichen Albtraum. Da diese neue Mystery-Serie von den Machern der erfolgreichen deutschen Netflix-Serie "Dark" kommt, ist mit rätselhafte Ereignissen und verwirrenden Wendungen zu rechnen. An dieser Stelle mehr zu verraten, würde die Freude am Rätselraten schmälern. Nur soviel sei verraten: Nichts ist so wie es scheint und am Ende der ersten Staffel bleiben einige Fragen offen, die wohl erst in einer Fortsetzung aufgelöst werden. Ein Serien-Highlight für Mystery-Fans.
11. The Marvelous Mrs. Maisel (Staffel 4) – Prime Video
Vor vier Jahren wurde Miriam "Midge" Maisel (Rachel Brosnahan) von ihrem Ehemann Joel Maisel (Michael Zegen) verlassen. Anstatt ihren Ehemann zurückzuerobern (wie von ihren großbürgerlichen, jüdischen Eltern angeregt), ging Midge daran die Stand-Up-Comedy-Bühnen von New York im Sturm zu erobern. In der vierten Staffel stemmt sie sich wieder mit einer ebenso liebenswerten wie enervierenden Redseligkeit gegen gesellschaftliche Konventionen im Amerika der frühen 60er-Jahre. Immer wieder verplappert sie sich dabei, muss Rückschläge in Kauf nehmen – aber deshalb aufgeben? Kommt nicht in die Tüte! Darum heißt es auch in dieser hochamüsanten Staffel wieder: "Tits up!"
In der ebenso witzigen wie intelligenten Hit-Serie schafft Showrunnerin Amy Sherman-Palladino wie schon in "Gilmore Girls" einen Mikrokosmos aus schrulligen Figuren mit Ecken und Kanten, die man einfach lieben muss. In der kommenden fünften Staffel fällt jedoch der letzte Vorhang für die wunderbare Mrs. Maisel.
10. Severance (Staffel 1) – AppleTV+
Dieser Psychothriller zeichnet – nicht ohne Humor – ein kafkaeskes, aber dennoch wiedererkennbares Zerrbild einer schaurigen Work-Life-Balance bei einem Technologiekonzern. Wer bei Lumon Industries am "Severance Floor" arbeitet, kann sich am Arbeitsplatz nicht an sein Privatleben erinnern und zuhause nicht daran, was er in der Arbeit gemacht hat. Durch ein freiwilliges Implantat wird das berufliche Ich, der "Innie", vollkommen vom Ballast des Privatlebens ("Outie") befreit – und umgekehrt. Der Durchschnittstyp Mark Scout (Adam Scott) hat sich dieser Prozedur auch unterzogen. Als sich eine Kollegin nicht in die vorgesehene Rolle fügen will und dann auch noch ein Kollege verschwindet, dämmert dem privaten Mark allmählich, dass sein Arbeitgeber vielleicht etwas zu verbergen hat.
Die dystopische Geschichte von "Severance" überzeugt dank großartiger Besetzung (neben Scott auch Patricia Arquette, John Turturro, Zach Cherry und Christopher Walken) und eingestreuter Satire-Elemente, die das dystopische Szenario noch glaubwürdiger und umso schauriger machen.
9. Reacher (Staffel 1) – Prime Video
Mit "Reacher" ist Amazon ein überraschend guter Action-Krimi auf Basis der "Jack Reacher"-Romane von Lee Child gelungen. Alan Ritchson ("Titans", "Blood Drive") ist die perfekte Besetzung für den wortkargen Hünen Jack Reacher – hat man ihn einmal als Reacher gesehen, bleibt Tom Cruise in derselben Rolle in den "Jack Reacher"-Filmen nur noch als krasse Fehlbesetzung in Erinnerung. Der ehemalige Militärpolizist wird auf der Durchreise in der Kleinstadt Margrave wegen Mordes verhaftet. Bald stellt sich heraus, dass Reacher nicht der Mörder ist. Aber eine sehr persönliche Verbindung lässt ihn in dem Fall selbst ermitteln. Von der örtlichen Polizistin Roscoe Conklin (Willa Fitzgerald) bekommt er Unterstützung. Bei seinen Ermittlungen sorgt der Mann für Unruhe und mehr Action als das verschlafene Städtchen üblicherweise gewöhnt ist. "Reacher" ist eine an sich recht konventionelle Krimi-Serie, die sich durch gute Action-Einlagen hervorhebt.
8. Andor (Staffel 1) – Disney+
Das Prequel zum "Star Wars"-Film "Rogue One" rund um den titelgebende Cassian Andor (Diego Luna) wurde von Kritikern und Fans gleichermaßen gelobt. Die zwölfteilige Serie erzählt von der Formierung der Rebellenbewegung gegen das Imperium und spielt fünf Jahre vor "Rogue One". Wir kennen also Andors tragisches Schicksal. Die Serie beeindruckt durch die überzeugende Charakterentwicklung und die realistische Sci-Fi-Atmosphäre, die jener des Films treu bleibt. Atmosphärisch fühlt sich "Andor" dennoch eher nach "Blade Runner" an. Die typischen Roboter und Raumschiffe, die fantasievollen Alien-Rassen und Uniformen verdeutlichen jedoch, dass wir uns im "Star Wars"-Universum befinden. Eine zweite und finale Staffel ist noch geplant, bevor die Handlung auf das bekannte Ende zusteuert.
7. Wednesday (Staffel 1) – Netflix
Die Serie rund um Wednesday Addams, beeindruckend dargestellt von Jenna Ortega ("Jane the Virgin", "You"), ist ein wahres Feuerwerk an Wortwitz. Kultpotenzial hat die Serie auch durch den Hype rund um den "Wednesday Dance" zum Song "Goo Goo Muck" von The Cramps bewiesen, der auf TikTok zu einer Dance Challenge zum Song "Bloody Mary (Dance with My Hands)" von Lady Gaga mutierte. Produzent und Regisseur von vier der insgesamt acht Episoden ist Star-Regisseur Tim Burton, was man auch am visuellen Design erkennt. Die rebellische Addams-Tochter wird von ihren Eltern Morticia (Catherine Zeta-Jones) und Gomez Addams (Luis Guzman) in die kuriose Nevermore Academy gesteckt. Als das naheliegende Städtchen Jericho von einer mysteriösen Mordserie erschüttert wird, findet sie Gefallen an der schrägen Schule – und beschließt das Rätsel hinter den Mordfällen aufzuklären. Was folgt, ist Harry Potter im Serienformat und im düsteren Gothic-Style der Addams Family.
6. Peripherie (Staffel 1) – Prime Video
"The Peripheral", so der Originaltitel, ist trotz postapokalyptischer Elemente vor allem eine gelungene Cyberpunk-Serie, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Sci-Fi-Kultautor William Gibson und von den "Westworld"-Produzenten Lisa Joy und Jonathan Nolan: Flynne Fisher (Chloe Grace Moretz) lebt mit ihrer Familie irgendwo im ländlichen Amerika. Ihre Mutter ist krank, ihr Bruder Burton (Jack Reynor) ein ehemaliger Elite-Soldat. Er verdient seinen Lebensunterhalt als Guide in virtuellen Welten und Videospielen. Seine Schwester ist aber eine echte Koryphäe, wenn es um virtuelle Action geht. Als sie für Burton einspringt und ein neues Game testet, steht ihr Leben plötzlich Kopf. Bald stellt Flynne fest, dass sie zwischen die Fronten einer Auseinandersetzung geraten ist, die 70 Jahre in der Zukunft stattfindet.
5. The Boys (Staffel 3) – Prime Video
Billy Butcher (Karl Urban) und seine Boys sind wieder zurück, um den dekadenten "Supes" des skrupellosen Konzerns Vought Einhalt zu gebieten. Der Kampf geht in die dritte Runde und es sieht nicht gut aus: Der unbesiegbare Homelander (Antony Starr) gerät immer mehr außer Kontrolle und zieht auch bei Vought immer mehr die Strippen. Bisher hat ihn sein Drang, von der Öffentlichkeit geliebt zu werden, einigermaßen im Zaum gehalten. Doch seit er die stets benachteiligte Trump-Wählerschaft für sich entdeckt hat, wagt er sich immer mehr aus der Deckung. Die Zeit drängt. Butcher und Hughie (Jack Quaid) müssen eine Möglichkeit finden, Homelander aufzuhalten. In Russland hoffen sie eine Waffe zu finden, die selbst Homelander zur Strecke bringen kann.
Die dritte Staffel ist eine smarte Abhandlung der Trump-Ära und glänzt erneut mit einer spannenden Story und starken Charakteren, garniert mit brutaler Action, schmutziger Sprache und nackter Haut. "The Boys" ist und bleibt das "Game of Thrones" der Superhelden-Serien.
4. Yellowjackets (Staffel 1) – Paramount+ / Sky
"Yellowjackets" lief schon zum Jahreswechsel bei Sky, wir zählen sie aber zum Jahr 2022: Auf den ersten Blick erinnert die Serie an die Kultserie "Lost", nur stürzt das Flugzeug hier nicht auf einer tropischen Insel ab, sondern irgendwo im Nirgendwo der kanadischen Wälder. Dort, im finsteren Wald, muss eine jugendliche Damen-Fußball-Mannschaft ganze 19 Monate auf sich alleine gestellt überleben. Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen in den Jahren 1996 und 2021 aus der Sicht der vier Überlebenden Shauna, Taissa, Natalie und Misty erzählt. Anders als in "Lost" wissen wir also, was aus den Überlebenden geworden ist.
Die mysteriöse Erzählweise der Serie schlägt allerdings einen Haken nach dem anderen. Was ist aus den anderen Mädchen geworden? Es wird suggeriert, dass die Gruppe nur durch Kannibalismus überlebt hat. Aber ist das wirklich so? Die großartig inszenierte Mystery-Serie spielt mit der Wahrnehmung der Zuschauer und deutet immer wieder auch Übernatürliches an: Die gezeigten Bilder und Sichtweisen sind mit Vorsicht zu genießen. Sie bilden nur die Sichtweise der jeweiligen Person ab oder zeigen nicht den gesamten Kontext. Das macht "Yellowjacket" zu einer Achterbahnfahrt, bei der nach jeder Kurve eine neue Überraschung wartet. Da die erste Staffel keine Auflösung brachte, ist die Sehnsucht nach einer Fortsetzung groß. Die zweite Staffel soll im März 2023 kommen – allerdings nicht mehr bei Sky, sondern beim neuen Streamingdienst Paramount+.
3. House of the Dragon (Staffel 1) – Sky
Die Vorgeschichte von "Game of Thrones" spielt 172 Jahre vor den Ereignissen der Originalserie. Das Intrigenspiel um den Eisernen Thron der Sieben Königreiche von Westeros steht in der Prequel-Serie viel mehr im Mittelpunkt als in der Originalserie, wo das "Game of Thrones" eigentlich nur von der schicksalhaften Bedrohung aus dem Norden durch den Knight King ablenkt. Da König Viserys Targaryen (Paddy Considine) keinen Sohn hat, macht er seine Tochter Rhaenyra (Milly Alcock/ Emma D’Arcy) zur Thronfolgerin. Da Viserys später in zweiter Ehe doch noch Söhne zeugt und auch einige unkluge Entscheidungen trifft, kommt es zum Erbfolgekrieg. In "House of the Dragon" fehlen – von Drachen abgesehen – zwar die magischen Fantasy-Elemente, aber dieses Defizit macht die Serie durch fesselnde Charaktere, die gewohnt düstere Mittelalter-Atmosphäre , erneut sehenswerte Kulissen und Kostüme sowie ein stimmiges Drehbuch, das den Weg zum unvermeidlichen Erbfolgekrieg zeichnet, allemal wett.
2. Peacemaker (Staffel 1) – RTL+
Wer hätte nach dem Kinofilm "The Suicide Squad" gedacht, dass Peacemaker als Hauptfigur einer ganzen DC-Serie taugt? Man könnte den DC-Superhelden als eine skurrile Version von Marvels Anti-Helden Punisher bezeichnen. Der dumpfe US-Patriot ist ein "militanter Pazifist": Um Frieden im nationalen Interesse zu schaffen, schreckt er vor Gewalt nicht zurück. Privat ist Chris Smith (John Crena) auch eine traurige Figur: einsam, peinlich und insgesamt nicht gerade ein sympathischer Charakter. Als er von der US-Regierung gezwungen wird, mit einem verdeckten Agenten-Team zusammenzuarbeiten, kommt Bewegung in sein Leben. In diesem Team verleiht Regisseur James Gunn ("Guardians of the Galaxy"), der sich die Serie ausgedacht und auch das Drehbuch geschrieben hat, Chris eine unerwartet einfühlsame Dimension und liefert ein Paradebeispiel davon, wie ein Team aus interessanten Charakteren zusammenwächst. Der Plot bietet nicht nur Action und Humor, sondern hält auch fantastische Überraschungen bereit. Und als Sahnehäubchen glänzt "Peacemaker" auch noch mit dem besten Serien-Intro des Jahres:
1. Stranger Things (Staffel 4) – Netflix
Der Serienhit der Duffer Brothers hat auch diesmal wieder abgeliefert. Nach einer verlängerten Wartezeit aufgrund der Pandemie tauchte endlich der böse Mastermind im Hintergrund auf. Meisterhaft schließt die vierte Staffel den Kreis zur ersten und zieht mit Vecna einen Schurken mit Persönlichkeit aus dem Hut. Wieder gibt es zahlreiche Verweise auf Horrorfilme der 80er-Jahre, allen voran "Nightmare on Elm Street", aber es steckt auch einiges von Pinhead im neuen Obermonster von "Stranger Things". Die Gang muss wieder alles geben, um die Pforten zur Höllendimension Upside-Down zu schließen. Wieder teilt sich die Gang in mehrere Gruppen auf. Es gibt auch Opfer.
Alles wie gehabt, aber trotzdem kein bisschen langweilig. Natürlich könnten man schon anmerken, dass vor allem der Handlungsstrang in Russland völlig absurd ist. Aber das stört nicht weiter. Während des Schauens funktioniert "Stranger Things" wie ein überlanger Film, der dennoch im Fluge vergeht. Von den längeren Episoden merkt man nichts. So soll es sein. So bleibt es hoffentlich auch in der fünften und letzten Staffel, auf die wir hoffentlich nicht wieder drei Jahre warten müssen.
FLOP: Die drei Serien-Enttäuschungen des Jahres 2022
3. Resident Evil (Staffel 1) – Netflix
Mit der populären Filmreihe mit Milla Jovovich hat diese Sci-Fi-Zombie-Serie von Netflix nur die ebenso populäre Game-Vorlage gemeinsam. Die Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt: im Jahr 2022 als Teenage-Drama der beiden Töchter des T-Virus-Entwicklers Albert Wesker (Lance Reddick) und im Jahr 2036 als Endzeit-Actionfilm, in dem die erwachsene Jade (Ella Balinska) von der Umbrella Corporation durch ein Endzeit-Szenario gejagt wird. Doch die ständigen Sprünge zwischen den Zeitebenen nerven bald, weil sie vollkommen unnötig sind. Das Teenie-Drama liefert keine Hintergründe zum besseren Verständnis der Charaktere oder der Handlung in der Zukunft. Die oft unglaubwürdigen Handlungsverläufe wirken ohne Trash-Referenzen nur absurd. Die einwandfrei inszenierte, aber oft völlig überzogene Action verstärkt das Gefühl, dass sich die Serie selbst viel zu ernst nimmt. "Resident Evil" dürfte nicht nur bei den Kritikern schlecht angekommen sein – denn Netflix hat die Serie bereits nach einer Staffel wieder eingestellt.
2. Obi-Wan Kenobi (Staffel 1) – Disney+
In "Obi-Wan Kenobi" schlüpft Ewan McGregor in seine inzwischen schon legendäre Rolle als der Mentor von Anakin Skywalker aka Darth Vader aka "Luke, ich bin dein Vater". So viel zur irrgeleiteten Meinung, die "Star Wars"-Prequel-Trilogien seien misslungen. Mit Sicherheit misslungen ist diese sechsteilige Spinoff-Serie, die ihre missglückte Entstehungsgeschichte nicht verleugnen kann. Ursprünglich als Kinofilm geplant, hat "Obi-Wan Kenobi" nicht wirklich etwas zu erzählen. Sinn und Zweck scheint ausschließlich Fan-Service zu sein – also die Produktion von pseudo-legendären Momenten. Das geht aber ordentlich in die Hose. Obi-Wan wird zum frustrierten alten Mann, der seine Jedi-Kräfte nicht mehr beherrscht und nicht einmal mit einem altklugen Kind – der völlig überzogen als Badass-Girl dargestellten Prinzessin Leia – zurechtkommt. Sogar der Kampf zwischen Obi-Wan und Darth Vader lahmt.
"Obi-Wan Kenobi" macht überdeutlich, dass nicht jeder im Dunklen gelassene Seitenstrang der Kinofilme einer detaillierten Beleuchtung bedarf. Zumindest sollten solche Projekte von Disney künftig nur dann in Angriff genommen werden, wenn es auch wirklich etwas Spannendes zu erzählen gibt. Anders als bei "Andor" war dies hier nicht der Fall. Es bleibt zu hoffen, dass "Obi-Wan Kenobi" tatsächlich eine Miniserie bleibt.
1. Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht (Staffel 1) – Prime Video
Kaum zu glauben, aber Amazon hat die teuerste TV-Serie aller Zeiten vollkommen in den Sand gesetzt. Die Vorgeschichte zu "Herr der Ringe" wurde mit mindestens ebenso großer Spannung erwartet wie "House of the Dragon". Die Handlung spielt tausende Jahre vor den Ereignissen in "Herr der Ringe", im sagenumwobenen zweiten Zeitalter von Mittelerde, in dem Sauron den Ring der Macht schmiedete und schließlich besiegt wurde. In der ersten Staffel stellen sich mehrere Charaktere, darunter die Elfin Galadriel (Morfydd Clark), gegen das Wiederauftauchen des Bösen in Mittelerde.
Schon nach wenigen Episoden wird schmerzhaft klar, dass Amazon die Hunderte Millionen Dollar an Produktionskosten vor allem in die durchaus sehenswerte Ausstattung und das Visual Design der Serie gesteckt hat. Für gute Showrunner und Drehbuchautoren scheint dann kein Geld mehr übrig gewesen zu sein. Die Charaktere bleiben platt, während die Plot Holes und Logik-Löcher umso tiefer klaffen – insbesondere mit Blick auf die bekannte Entwicklung der Charaktere und der Handlung im Hauptwerk "Der Herr der Ringe". Auch die Abbildung von Diversität in dieser Fantasy-Welt wurde zurecht kritisiert. Denn die Art und Weise, wie Diversität in der Fantasy-Welt der Serie umgesetzt wurde, ist mindestens ebenso platt wie die Charakter- und Plot-Entwicklung und könnte auch als US-Kulturimperialismus gedeutet werden. Trotz der visuell eindrucksvollen Verpackung schafft es die Serie insgesamt nicht, auch fesselnde Inhalte zu liefern. Am Ende der ersten Staffel ist die Neugier auf eine Fortsetzung gering. Kommen wird die Fortsetzung dennoch, denn Amazon hat sich beim Kauf der Lizenzrechte verpflichtet, mindestens fünf Staffeln zu produzieren.
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